Mieten Graffiti in Berlin Foto: Arthur Kaiser CC BY-SA 3.0

Warum Enteignung von Wohnraum keine Mieten senkt

In Berlin will eine Bürgerinitiative, dass große Immobiliengesellschaften enteignet werden. Ihre Wohnraum-Bestände sollen an die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften gehen. Dadurch sollen die Mieten sinken oder zumindest nicht mehr so stark steigen. Natürlich müssen die Enteigneten entschädigt werden. Das „immer-nocharm-aber-teuer“ Bundesland müsste auch nur etwas mehr als das 10-fache dessen bezahlen, was der rot-rote Senat durch das Verschleudern des ehemals staatlichen Bestandes vor 15 Jahren von Investoren erhalten hat.

Bankenrettung 0.1

Trotz Warnungen von Fachleuten vor rapide steigenden Mieten, Gentrifizierung und Verdrängung von Mietern hatten SPD und Linke 2004 die GSW mit ihren 65.000 Mietwohnungen an angelsächsische Hedge-Fonds aka „Heuschrecken“ verscherbelt. Für gerade einmal 405 Millionen Euro, also ca. 6200 Euro pro Wohnung, ging der Deal grunderwerbssteuerfrei über den Tisch. Das entsprach damals etwa 1/10 des üblichen Preises. Selbst unter Berücksichtigung der Schulden der GSW ergibt sich ein Abschlag von 50% gegenüber den damaligen Marktpreisen. Berlin hat die Skandal-Landesbank vor dem Zusammenbruch gerettet und brauchte deshalb dringend Geld.

Schlimmer geht immer

Die schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen. Die Heuschrecken haben das getan, was sie immer tun: Mieten erhöht, kaum Instandhaltung betrieben, Konten geplündert und Wohnhäuser verkauft. Nach nur 5 Jahren war der Kaufpreis mit Aufschlag wieder eingefahren und die GSW wurde anschließend auch noch für zusätzlichen Gewinn an die Börse gebracht. Mittlerweile von Vonovia aufgekauft, bekommen die Bewohner immer wieder böse Überraschungen von ihrem Vermieter. Der rot-rote Senat hat mit dem Verkauf Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten verloren und die Mieter dem Wohl und Weh des Marktes überlassen. Statt über Vorkaufsrechte und Neubau die verbliebenen staatlichen Wohnungsbau-Gesellschaften zu stärken und ihre Bestände zu erweitern, soll nun das „Tafelsilber“ enteignet und wieder in Volkseigentum übergehen.

Nichts gelernt

Neben verfassungsrechtlichen Bedenken wird das schlicht unglaublich teuer. Neben den ehemaligen GSW Beständen sollen alle Unternehmen mit mehr als 3000 Einheiten betroffen sein. In Berlin sind es neben Vonovia auch Deutsche Wohnen, Akelius, ADO Properties und Grand City Property. Mit ihren rund 200.000 Wohnungen sollen sie die Hauptpreistreiber bei den Mieten in der Hauptstadt sein. Klar ist, dass sich die Unternehmen nicht mit Krümeln abspeisen lassen, wie einst der von SPD und Linke geführte Senat. Die Rede ist, selbst auf Seiten der Befürworter, von zweistelligen Milliardenbeträgen. Berlin hat bereits ca. 58 Milliarden Euro Schulden. Der von SPD, Linke und nun auch Grüne geführte Senat hat offenbar nichts aus den vergangenen Fehlern gelernt. Es waren gerade die massiven finanziellen Verpflichtungen, die zum Verkauf von Wohnungen geführt haben. Neue Staatsschulden senken keine Mieten. Sie erhöhen nur die Zinszahlungen. Dadurch steht weniger Geld für staatliche Aufgaben und Investitionen zur Verfügung. Schulden müssen getilgt werden, Zinsen bezahlt.

Bauen, bauen, bauen

Das einzige wirksame Mittel gegen steigende Mieten ist das Bauen. Mehr Angebot an günstigem Wohnraum würde sofort für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen. Wer problemlos eine günstigere oder zumindest gleich teure Wohnung findet, würde eher umziehen, statt eine Mieterhöhung zu akzeptieren oder eine überteuerte Miete zu bezahlen. Berlin könnte seine Grundstücke in Erbpacht an die landeseigenen Immobiliengesellschaften vergeben. Statt mit Entschädigungen die Gewinne der Konzerne zu finanzieren, könnte Berlin mit dem Geld bezahlbaren Wohnraum für Neu-Berliner schaffen. Mit dem Instrument des Vorkaufsrechts könnte das Land auch bestehende Mietverhältnisse schützen und für die soziale Durchmischung in allen Bezirken sorgen. Wenn die Immobilienblase in Berlin platzt, hat das Land noch genügend Mittel um sich auch noch die Schnäppchen zu sichern.

 

 

 

2 Kommentare

  1. 1

    Enteignungen kommen verfassungsrechtlich ja nur in Frage, wenn es nicht anders geht. In Berlin geht es eben anders. Wenn Stadt & Land, DEGEWO und andere staatlichen Genossenschaften eine Wohnung für 6000 €/m2 übernehmen, dafür 5 €/monat Zinsen (1%) zahlen müssen, werden sie die nicht für 6 €/m2 und Monat vermieten können, ohne Miese zu machen. Die Zeche zahlen am Ende alle Berlinerinnen und Berliner. Dann doch lieber neu bauen für 2500 €/m2 auf landeseigenen Grundstücken [1] .

  2. 2
    Georg von Boroviczeny

    hier im Artikel geht Einiges durcheinander:
    ja, eine Enteignung von -großen- Wohnungsunternehmen schafft keinen zusätzlichen Wohnraum, das stimmt. Aber diese selbst schaffen ja auch nicht, sie kaufen nur (auf).
    Was aber dabei gewährleistet werden kann: ein stabiles, nicht alleine auf Gewinn orientiertes Mietniveau. So würden gerade Mieter mit geringe(re)m Einkommen geschützt.
    Die Meitsteigerungen der ‚Großen‘, denen sich ‚kleinere‘ Unternehmen gerne anpassen, bedrohen jetzt auch schon Mittelschichthaushalte, Wohneigentum ist quasi unbezahlbar geworden (6 – 7.000 €/qm)
    Verfassungsrechtlich ist/wird das ja gerade geprüft; das ist (§§14, 15 GG: Art 14 (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. und Art 15 Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.) eben möglich, wurde -warum denn wohl, wer traut(e) sich da nie daran?) bis heute nicht versucht; Enteignungen zu Verkehrszwecken schon häufig geschehen.
    Die Entschädigung kann/soll sich ja auch an den Erwerbskosten jeweils orientieren, da die Eigentümer sowieso einen laufenden Gewinn aus den Mieten hatten, muss (siehe GG) abgewogen im Gesetz verankert werden. Somit ist das leistbar; das derzeit schon bestehende Vorkaufsrecht ist stark eingeschränkt, und kostet je Wohnung ähnlich, diesbezüglich wäre eine Enteignung vlt. sogar günstiger, auf jeden Fall nicht teurer.
    Die ‚Drohung‘ mit einem solchen Gesetz kann aber gerade die marktführenden Großen vlt. veranlassen, moderater aufzutreten und Vereinbarungen zur Begrenzung von Mieten und Mieterhöhungen zu schließen

Was denkst du?